Evangelische Pfarrgemeinde Christuskirche

Lesegottesdienst für den Karfreitag (2.April 2021)

Lesegottesdienst aus Wien Favoriten Christkirche

Karfreitag 2.4. 2021

Nehmen Sie sich Zeit, zünden Sie eine Kerze an, suchen Sie sich Lieblingsmusik aus oder singen Sie ihre Lieblingslieder aus dem Gesangbuch!

Musik 

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Der Herr sei mit uns.
Die Glocken schweigen. Wir gedenken des Todes Jesu am Kreuz. Wir versuchen zu begreifen, wie Gott selber das Leiden auf sich genommen und den Tod durchbrochen hat. Der Evangelist Johannes versteht das so:
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

Meditation zu Psalm 43

Schaffe mir Recht, Gott, und hilf,
dass die Wahrheit endlich ans Licht kommt.
Errette mich vor den falschen Leuten, die Böses planen.
Denn du, Gott, bist meine Stärke.
Du stehst auch dann zu mir,
wenn sich in meiner Seele Dunkelheit ausbreitet,
wenn ich in innerer Unruhe kaum an dich denke.
Ich will bei dir bleiben und auf deine Stärke trauen,
auch wenn mir Zweifel kommen,
wenn ich sehe, dass es dem Bösen gut
und dem Guten schlecht geht,
wenn ich angefeindet werde,
nur weil ich mich zu dir bekenne.
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten.
Führe mich dorthin,
wo du wohnst und wo ich geborgen bin.
Denn in der Stätte deines Hauses
finde ich Freude und Wonne,
dass ich dir fröhlich singe.
Schaffe mir Recht, Gott, und hilf,
dass die Wahrheit endlich ans Licht kommt.

Gebet :

Jesus Christus, dein Kreuz:
Zeichen der Not, des Unrechts, des Todes,
und doch nicht das Ende deines Weges.
Lass es uns werden zum Zeichen der Hoffnung,
weil du lebst und wirkst in Ewigkeit.
Stille
Höre auf unser Gebet.            
Amen

 

Bibeltext: Johannes 19,16-20.25-31; Übersetzung: Hoffnung für Alle

An Karfreitag hören wir die Geschichte der Passion Jesu, wie sie der Evangelist Johannes erzählt:

16 Da gab Pilatus nach und befahl, Jesus zu kreuzigen. 17 Sein Kreuz trug er selbst aus der Stadt hinaus zu dem Ort, der »Schädelstätte« genannt wird, auf Hebräisch »Golgatha«.  18 Dort nagelten sie ihn ans Kreuz. Mit ihm wurden noch zwei andere Männer gekreuzigt, der eine rechts und der andere links von ihm. Jesus hing in der Mitte. 19 Pilatus ließ ein Schild am Kreuz anbringen, auf dem die Worte standen: »Jesus aus Nazareth, der König der Juden«. 20 Die Stelle, an der Jesus gekreuzigt worden war, lag nahe bei der Stadt.25 Bei dem Kreuz, an dem Jesus hing, standen seine Mutter und ihre Schwester, außerdem Maria, die Frau von Kleopas, und Maria aus Magdala. 26 Als Jesus nun seine Mutter sah und neben ihr den Jünger, den er sehr lieb hatte, sagte er zu ihr: »Das ist jetzt dein Sohn!« 27 Und zu dem Jünger sagte er: »Sie ist jetzt deine Mutter.« Von da an nahm der Jünger sie zu sich in sein Haus.28 Jesus wusste, dass nun sein Auftrag erfüllt war. Doch die Vorhersage der Heiligen Schrift sollte voll und ganz in Erfüllung gehen, darum sagte er: »Ich habe Durst!« 29 In der Nähe stand ein Krug mit Essigwasser. Die Soldaten tauchten einen Schwamm hinein, steckten ihn auf einen langen (Ysop)-Stab und hielten Jesus den Schwamm an den Mund. 30 Nachdem Jesus ein wenig davon probiert hatte, rief er: »Es ist vollbracht!«Dann ließ er den Kopf sinken und starb. 31 Das alles geschah am Tag vor dem Passahfest, das in diesem Jahr auf einen Sabbat fiel.
Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Weg.  Amen       

Laßt uns gemeinsam unseren Glauben bekennen

Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria,
gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige christliche Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen

Musik 

Predigt

Der Predigttext für den Karfreitag steht beim Propheten Jesaja im 52. Kapitel, die Verse 13-53, 12
(nach der Übersetzung von Werner Grimm, Stuttgart 1990)

Im Alten Testament, beim Propheten Jesaja im 53. Kapitel, wird von einem Menschen erzählt, der auch schwer gelitten hat. Knecht Gottes wird er genannt. Die ersten Christen haben in ihm den leidenden Jesus gesehen. Die Worte von Jesaja erinnern an eine Trauerliturgie, einen Nachruf in Gedichtform, wie man ihn bei einer Bestattung vorträgt:

Hören wir von der Geburt des Gottesknechtes:
Er schoss auf (vor Gott) wie ein Wurzelspross aus der Erde.
Und doch war er zuerst nur ein unscheinbarer Säugling.
Er hatte keine gute Figur und Schönheit, die wir gerne gesehen hätten.
Der Prophet redet von einem Kind.
Wir Christen können darin Jesus entdecken.
Schon in der Krippe, im Stall hat die dunkle Geschichte begonnen.
Weder Glanz noch Pomp. Kein „holder Knabe im lockigen Haar“.
Er ist der Sohn einfacher Leute.
Die Mutter und das Kind überleben bei der Geburt und die Familie auf der folgenden Flucht.
Gerade mal so.
Hören wir weiter vom Leiden des Gottesknechtes:
Verachtet und verlassen von Menschen war er.
Ein Mann der Schmerzen, vertraut mit Krankheit.
Wie einer, vor dem man sein Gesicht verbirgt und sich wegdreht.
Ja es ist wahr: Er war voller Schmerzen und Krankheit. Und schleppte sie fort.
Wir (Menschen) dachten: Gott hat ihn geplagt und geschlagen.
Aber er wurde wegen unseren Verbrechen durchbohrt.
Zerschlagen durch unsere Schuldenlast.
Die Strafe liegt auf ihm. Deshalb haben wir Frieden.
Durch seine Wunden sind wir geheilt.
Der Knecht Gottes hat schwer gelitten. Eine tödliche Krankheit musste er ertragen. Sein Körper voller Geschwüre. Die Menschen um ihn her sahen das. Sie dachten: Da leidet einer zurecht. Er hat etwas Böses getan. Er hat das sicher verdient und kriegt seine gerechte Strafe.  Gott ist zornig auf ihn. Er selbst will es so.
Das dachten manche auch, als Jesus am Kreuz hing. Ein Volksverhetzer. Einer, der gottlose Reden geschwungen hat und Menschen damit verführte. Deshalb haben sie Jesus den Prozess gemacht, ihn gefoltert, voll menschen-verachtender Gewalt. Aber sie lagen ganz falsch. Die Verurteilung war ein Justizirrtum und die Hinrichtung eine Gräueltat.
Auch heute sagen Menschen: Wer krank wird oder leidet, muss etwas Böses getan haben. Oder noch krasser: Corona ist eine Strafe Gottes. Sie haben genauso unrecht.
Kann Gott aus so einer Leidensgeschichte etwas Gutes machen? Aus Krankheit, Folter und Schmerzen eines gerechten Menschen Segen entstehen lassen?
Jesaja sagt: Ja. Gott kann das. Einfach war es nicht. Es war ein hoher Preis. Es kostete das Leben eines Menschen. Noch dazu eines unschuldigen. Aber Gott wollte so das Problem menschlicher Schuld und Schuldzuweisungen an seiner Wurzel anpacken und auslöschen. Der Gottesknecht litt im Auftrag Gottes, um eine zerrüttete Gemeinschaft zu versöhnen. Er sollte Frieden schaffen. Menschen in ihrer Seele heil machen, ja ihnen Heil bringen.
In der Pandemie gewinnt das Lied vom Gottesknecht einen tiefen Sinn:
Durch seine Wunden sind wir geheilt. Der Gottesknecht weiß, was Krankheit ist. Er hat sie am eigenen Leib erlitten. Aber eben doch mehr: Er hat Krankheit und Schmerzen fortgetragen. Was soll das heißen? Die Gemeinschaft der Glaubenden, die auf den Gottesknecht schaut, hat gespürt: Gott stellt sich an die Seite des Leidenden. Gott schaut auf ihn. Er trägt ihn und gibt auch uns dadurch Kraft. Gott nimmt ihm die Todesangst. Hilft zu überwinden. Und weckt so in uns neue Hoffnung.
Für uns heute gesprochen: Gott ist da, wo Menschen leiden. In den Kliniken und Altenheimen. Bei den Einsamen zuhause. Gott allein kann es ihnen schenken, dass sie Frieden finden und ruhig werden. Dem Leiden den Schrecken nehmen. Ruhe schaffen in den Herzen und Frieden in der Seele.
Den „behinderten Gott“, nannte eine amerikanische Theologin Jesus am Kreuz. Sie selbst saß ihr Leben lang im Rollstuhl. Für sie war wichtig: Jesus, das war nicht nur der große Heiler, der Menschen gesund machte. Weil er selbst voller Schmerzen war, gedemütigt und gefoltert, deshalb war ist besonders glaubwürdig. Der Herr der Welt stirbt – scheinbar ohnmächtig. Er schaut noch nach der geliebten Mutter und dem Freund. In seiner Schwachheit ist er so mächtig, dass die Liebe ganz viel Raum bekommt. Da werden Schuld und Verfehlung ganz klein und göttliche Liebe ganz groß.
Karfreitag zeigt: Gott steht bei einem auserwählten leidenden Menschen. Das verbindet das Lied vom Gottesknecht mit der Passionsgeschichte. Genau darin steht er auch bei uns, „er steht auf zur Seite der Armen, der Kleinen, vertraut mit der Ohnmacht, der liebende Gott.“
Wir irrten alle umher wie Schafe, jeder sah auf seinen Weg.
Aber der Herr warf unsere Sünde auf ihn.
Drangsaliert wurde er, beugte sich. Den Mund hat er verschlossen wie ein Lämmlein, das zur Schlachtbank geführt wird.
Wie ein Mutterschaf, das geschoren wird von seinem Scherer.
Wenn nun sein Leben ein Opfer ist,
wird er Nachkommen haben und lange leben.
Und Gottes Plan wird durch ihn gelingen.
Nach der Mühsal seines Lebens darf er sich satt sehen am Licht.
Durch seine Erkenntnis schafft der Gerechte Heil.
Den Vielen zugute schleppt er die Schuldenlast fort.
Siehe meinem Knecht wird es gelingen.
Er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein.
Ich staune, wie bereits in der jüdischen Bibel eine Geschichte aufleuchtet, die für meinen Glauben so wichtig ist. Einer geht für alle. Einer stirbt für alle wie ein Lamm. Das Bild ist uralt. Es kommt in der Bibel immer wieder vor. Abraham bekomm einen Widder geschenkt und opfert ihn für seinen Sohn Isaak. Damit ist er außer Gefahr. Ein Priester legt die Sünde eines ganzen Volks auf ein Opfertier und jagt es in die Wüste. Ein Tier für alle. Bei Jesaja wird das noch gesteigert und ein Mensch mit dem Lamm verglichen. Mehr noch bei Jesus. Er stirbt in der Stunde, als im Tempel die Passalämmer geschlachtet werden. Er ist das Lamm, Gottes Lamm für die ganze Welt!
Auch heute sterben Menschen für andere. Oder besser: Sie setzen ihr Leben aufs Spiel für Andere. Ärztinnen und Pfleger werden in Corona-Zeiten selbst krank oder müssen gar sterben. Das Leiden des Gottesknechts und die Passion des Jesus von Nazareth haben Krankheit und Not nicht völlig aus der Welt geschafft. Noch müssen wir das erleben in dieser Welt. Wie ein Nachbeben vom Karfreitag. Wenige opfern sich, damit viele andere gerettet werden.
Und doch ist in all diesem letzter Trost. Der Gottesknecht geht ins Licht. Er wird erhöht und zu Gott erhoben.  Ein Osterfunke leuchtet auf. Er darf sich sattsehen am Licht, wird in der Sphäre Gottes die Ewigkeit verbringen. Gottes Heilsplan kommt in ihm zum Ziel. Als Christ höre ich:
Das Leiden von Jesus hat einen Sinn. Er lebte und starb für viele Andere. Gerade für die Kranken und die Schuldigen macht er sichtbar: Gott steht bei den Bedürftigen. Ist ganz unten, und darin ganz groß. Vergibt. Macht neu auch unter Schmerzen. Wer auf ihn schaut, wird leben.
Ja, schon viele Menschen haben es erfahren: Gott hält mit uns das Leiden aus. Er ist da beim Sterben. Und liebt bis zuletzt. Darum können wir befreit von seinem Tod und seiner Liebe singen.

Amen

Musik

Fürbittgebet:

Du Schmerzensmann, Jesus Christus,
du trägst unsere Krankheit,
du lädst auf dich unsere Schmerzen.
Erbarme dich.
Du Schmerzensmann,
du wurdest verraten,
gedenke derer, die von ihren Nächsten fallengelassen werden.
Erbarme dich.
Du wurdest verleugnet,
gedenke derer, die dich preisgeben.
Erbarme dich.
Du wurdest verhört,
gedenke derer, die verklagt und falsch beschuldigt werden.
Erbarme dich.
Du wurdest bespuckt,
gedenke derer, die um deinetwillen leiden.
Erbarme dich.
Du wurdest verspottet,
gedenke derer, die der Verachtung anderer ausgeliefert sind.
Erbarme dich.
Du wurdest geschlagen,
gedenke derer, die unter der Gewalt zusammenbrechen.
Erbarme dich.
Du wurdest gefoltert,
gedenke derer, die schutzlos sind und gequält werden.
Erbarme dich.
Du wurdest zum Tod verurteilt,
gedenke auch der Mörder und Täter.
Erbarme dich.
Du wurdest zum Richtplatz getrieben,
gedenke derer, die das Elend ohne Mitleid beobachten.
Erbarme dich.
Du wurdest ans Kreuz geschlagen,
gedenke derer, die ermordet werden.
Erbarme dich.
Du hast geweint,
gedenke derer, die trauern.
Erbarme dich.
Du hast mit Gott gerungen,
gedenke aller, die in Angst sind.
Erbarme dich.
Du wurdest allein gelassen,
gedenke der Sterbenden.
Erbarme dich.
Du Schmerzensmann, Jesus Christus,
du bist gestorben.
Für uns.
Erbarme dich.
Amen.

Vater Unser

Vater unser im Himmel
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe,
wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot
gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch
wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich
und die Kraft
und die Herrlichkeit
in Ewigkeit
Amen. 

Der Herr segne und behüte euch/
Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig
Er erhebe sein Angesicht auf euch und schenke euch Frieden.    
Amen

Bleiben Sie alle gesund und behütet!

Ihr Pfarrer
Dr. Michael Wolf