Evangelische Pfarrgemeinde Christuskirche

Lesegottesdienst 3. Jänner 2021

Lesegottesdienst aus Wien Favoriten Christuskirche

Zweiter Sonntag nach Weihnachten – 03.01.2021

 

Nehmen Sie sich Zeit, zünden Sie eine Kerze an, suchen Sie sich ihre Lieblingsmusik aus oder singen Sie ihre Lieblingslieder aus dem Gesangbuch!

 

Musik nach eigener Auswahl

Gebet:

Guter Gott,

ein neues Jahr hat begonnen und wir sind voller Zuversicht, dass Du uns weiter auf unserem Lebensweg begleiten wirst. Wir hören auf dich, um uns Wegweisung und frohe Kraft zu erbitten für die Zeit, die vor uns liegt. Schenke uns jetzt durch Deinen Heiligen Geist, dass unsere Seele aufatmet, unser Herz sich öffnet und wir aufmerksam hören, was Du uns durch Dein Wort sagen willst.

Amen

 

Die Schriftlesung für den 2. Sonntag nach Weihnachten steht beim Propheten Jesaja, im 61. Kapitel, die Verse 1-3+ 10-11:

1Der Geist Gottes des Herrn ist auf mir, weil der Herr mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; 2zu verkündigen ein gnädiges Jahr des Herrn und einen Tag der Rache unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden, 3zu schaffen den Trauernden zu Zion, dass ihnen Schmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauer, schöne Kleider statt eines betrübten Geistes gegeben werden, dass sie genannt werden »Bäume der Gerechtigkeit«, »Pflanzung des Herrn«, ihm zum Preise.

10Ich freue mich im Herrn, und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet, wie einen Bräutigam mit priesterlichem Kopfschmuck geziert und wie eine Braut, die in ihrem Geschmeide prangt. 11Denn gleichwie Gewächs aus der Erde wächst und Same im Garten aufgeht, so lässt Gott der Herr Gerechtigkeit aufgehen und Ruhm vor allen Völkern.

 

Halleluja

 

Lasst uns nun gemeinsam unseren christlichen Glauben bekennen

Ich glaube an Gott,

den Vater, den Allmächtigen,

den Schöpfer des Himmels und der Erde,

und an Jesus Christus,

seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,

empfangen durch den Heiligen Geist,

geboren von der Jungfrau Maria,

gelitten unter Pontius Pilatus,

gekreuzigt, gestorben und begraben,

hinabgestiegen in das Reich des Todes,

am dritten Tage auferstanden von den Toten,

aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes,

des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen,

zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,

die heilige christliche Kirche,

Gemeinschaft der Heiligen,

Vergebung der Sünden,

Auferstehung der Toten

und das ewige Leben.

Amen

 

Musik nach eigener Auswahl

Predigt

Der Predigttext für den heutigen 2. Sonntag nach Weihnachten steht im Lukasevangelium im 2. Kapitel die Verse 41-52.

41Und seine Eltern gingen alle Jahre nach Jerusalem zum Passafest. 42Und als er zwölf Jahre alt war, gingen sie hinauf nach dem Brauch des Festes. 43Und als die Tage vorüber waren und sie wieder nach Hause gingen, blieb der Knabe Jesus in Jerusalem, und seine Eltern wussten’s nicht. 44Sie meinten aber, er wäre unter den Gefährten, und kamen eine Tagereise weit und suchten ihn unter den Verwandten und Bekannten. 45Und da sie ihn nicht fanden, gingen sie wieder nach Jerusalem und suchten ihn.

46Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. 48Und als sie ihn sahen, entsetzten sie sich. Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Kind, warum hast du uns das getan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. 49Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist? 50Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen sagte. 51Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen gehorsam. Und seine Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. 52Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

Gott, öffne uns für dein Wort, und öffne dein Wort für uns. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

Das Lukasevangelium ist schon etwas ganz Besonderes. An Weihnachten gehört es einfach mit dazu, der Engel, der Maria besucht, die Herbergssuche, die Volkszählung, „Aber es begab sich zu der Zeit… Und noch etwas ist Besonders an diesem Evangelium. Es ist das Einzige, dass uns etwas vom Kind Jesus erzählt, Jesus als 12-jähriger im Tempel. Ich bin mir sicher, vielen von euch ist diese Geschichte bekannt.

Ich kann es mir (noch) nicht vorstellen, wie es ist als Mutter zu bemerken, dass das eigene Kind weg ist. Ich kann mir aber durchaus das Gefühl vorstellen, weil ich als Lehrerin schon oft Lehrausgänge mitgemacht habe.

Das Kind, auf das man aufpassen, das man beschützen soll, ist weg und man ist sowohl unglaublich besorgt als auch wütend. Ich denke jede und jeder kann sich das Gefühl vorstellen, wie Maria und Josef empfunden haben müssen, als sie nach einem Tag Reise merkten, dass der Sohnemann nicht aufzufinden war.

Und sofort beginnen die Gedanken zu kreisen und dann überwiegt die Sorge den Ärger. Vielleicht hatte er sich irgendwo am Weg kurz hingesetzt und ausgeruht und war dann ohnmächtig geworden. Oder hatten irgendwelche kriminellen Banden, die sich unter den Zug der Festpilger gemischt hatten, Jesus entführt und verschleppt, um ihn in die Sklaverei zu verkaufen? Es fallen einem die unglaublichsten und „Worst-Case“-Szenarios ein, gerade wenn man jemanden nicht finden kann. Die Gedanken gehen in diese und jene Richtung, sie irren in die entlegensten Eventualitäten ab. Doch letztlich kann man nur versuchen Ruhe zu bewahren und an das zu denken, was am wahrscheinlichsten oder am wenigsten schlimm ist. Jesus ist in Jerusalem geblieben. So wird, so muss es sein. Also machen sie sich voller Sorge und Wut auf zurück nach Jerusalem, um ihn zu suchen.

Das tun sie ganze drei Tage lang. Drei Tage! Das ist eine sehr lange Zeit und ich will mir nicht vorstellen, wie die beiden sich nach dieser Zeit gefühlt haben müssen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Tempel ihre letzte Station war, dass sie die Suche eigentlich schon aufgegeben hatten und noch zum Gebet und zum Heimkehren den Tempel aufsuchten. Dass man jemanden in Jerusalem nicht so leicht finden kann, kann jede und jeder bestätigen der bereits einmal in der Stadt war und die verwinkelten Gassen im Gedächtnis hat. Es ist ein einziges Labyrinth.

Vielleicht haben sich Josef und Maria einfach gedacht: Wir wollen nicht so sang- und klanglos aus Jerusalem aufbrechen. Schließlich waren wir ja zum Passah-Fest hergekommen. Für die Befreiung aus der Knechtschaft hatten wir Gott gedankt. Hatten gefeiert, zusammen mit vielen anderen. Trotz der Besatzung durch die Römer, der Angst vor den fremden Soldaten und der bedrückenden Steuerlast haben den Auszug aus Ägypten gefeiert und auf Gott gehofft. Dass er die Fesseln lösen und sein Volk frei machen sollte.

Sollte Gott nun zulassen, dass der Sohn abhandenkommt, im Verlaufe des Passah-Fests?

Doch da sehen sie ihn. Dass kann doch wohl nicht wahr sein! Bei den Gelehrten im Tempel konnte man sich einen Rat holen. Sie kennen die Schrift und ihre Auslegung gut. Von Menschen und ihren Schicksalen verstehen sie etwas. Auch in scheinbar ausweglosen Lagen wissen sie noch ein Wort des Trosts und der Weisung zu sagen.

Es wäre wohl sehr interessant zu wissen, was sich die beiden zu diesem Zeitpunkt wohl genau gefühlt haben. Freude, Wut, Fassungslosigkeit, Glück? Sie hatten sich solche Sorgen gemacht, sich Horror-Vorstellungen ausgemalt, gebangt und gehofft und ihn nun hier endlich wiedergefunden.

Da saß nun dieser 12-Jährige Bub mitten unter den Gelehrten und Studierenden und verblüffte zu allem Überfluss auch noch mit seinen Fragen und Antworten.

In diesem Moment waren seine Eltern aber bestimmt nicht stolz darauf, dass ihr Sohn da so glänzte im Kreis der Belesenen und Gebildeten. Zorn und Kränkung sprechen aus den Worten von Maria, die ihren wiedergefundenen Ausreißer so anspricht:

“Mein Sohn, warum hast du uns das angetan?”

Und sind wir mal ehrlich: Wir verstehen sie doch alle, oder?

Und dann kommt nicht mal ein: „Entschuldige“, sondern die frech wirkende Frage: „Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein muss in dem, was meines Vaters ist?”

Als ob das so selbstverständlich wäre. Hätten Maria und Joseph wirklich wissen müssen, wo sie ihren Sohn finden können? Nur einen Moment hätten sie innehalten und nachdenken müssen, um prompt drauf zu kommen: Er kann ja nur im Tempel sein! Wie dumm wir doch waren, das war doch logisch! An dieser Stelle beende ich den Sarkasmus.

“Dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht!” Ich finde Maria ist noch freundlich, für das was Jesus ihnen angetan hat. Aber immerhin, er geht ohne zu motschkern mit ihnen nach Hause zurück. Fast ist es so, als wäre nichts passiert. Klingt doch schon befremdlich: “Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan.” Ein zwölfjähriger Bub, der seinen Eltern nun wieder gehorcht. Seltsam, oder nicht? Nach allem, was war. Leider lässt uns Lukas hier aber im Dunkeln darüber, ob es eine Strafe gab, Hausarrest oder mehr im Haushalt helfen?

 

Doch was will uns dieser Geschichte nun sagen? Ist es nicht so, dass jede und jeder einmal wegläuft? Im direkten oder metaphorischen Sinn. Auf dem Weg vom Kindsein zum Erwachsenwerden muss jede und jeder mal ausprobieren, wie es ist, von zu Hause abzuhauen. Muss ja nicht gleich für 3 Tage sein. Aber einfach mal alleine in eine andere Stadt, abgesprochen natürlich, oder einfach alleine unterwegs sein, sich beweisen.

Wir Menschen brauchen das, um zu reifen, um groß und selbständig zu werden. Hier in dieser Geschichte schimmert etwas davon hindurch. Denn zuletzt heißt es ja: “Und Jesus nahm zu an Weisheit, Alter und Gnade bei Gott und den Menschen”.

 

Das also kommt dabei heraus. Dies ist das glückliche Ende der nervenaufreibenden „Ausreißergeschichte“. Ja, denn so eine Geschichte ist es. Da läuft einer weg, er scheint schon verloren und wird doch gefunden. Er begehrt auf, findet etwas und fügt sich dann ein.

Das Finden ist wichtig. Die eigene Gabe zu finden und die Aufgabe zu erkennen. An dieser Geschichte von Jesus zeigt sich das. Wenn wir auch zunehmen wollen an Weisheit, an Alter, an Gnade bei Gott und den Menschen, dann können wir uns an diesen Jesus getrost halten.

Jesus versteht es, wenn wir einmal weit weg sind von ihm und seiner Botschaft, und dann auch wieder näher dran. Er hat Verständnis dafür, dass wir eigene Wege ausprobieren müssen, bevor wir zurückkommen und den Weg nach Hause antreten.

Genau so hat sich für viele von uns das letzte Jahr angefühlt, kann ich mir vorstellen. Viele von uns hatten Angst, fühlten sich alleine und mussten mal alleine klar kommen, ohne Eltern, Freunde oder Verwandte. Das war eine schwere Zeit, 2020 war definitiv nicht das beste Jahr.

Gott weiß genau, dass die Freiheit, das Eigene zu suchen und zu finden, unerlässlich ist für uns Menschen. Diese Freiheit war letztes Jahr anders, aber sie war dennoch da. Letztes Jahr haben viele von uns ganz viele neue Sachen für sich entdeckt, Backen, Kochen, Handwerkern, Sport und noch vieles Anderes. Und vielleicht war dieses Jahr eine gute Pause für viele von uns, ein Jahr zum Überlegen, zum Nachdenken und zum Erkennen und Schätzen von anderen. Das Erkennen der Notwendigkeit von Pflegeberufen, das schwere Pflaster von Lehrpersonen und Erzieher*innen, Menschen bei der Polizei und in vielen anderen Berufen. Vielleicht war das Jahr 2020 kein gutes Jahr allgemein, aber bestimmt ein gutes Jahr, um über alles zu reflektieren und nachzudenken, für den ein oder anderen auch um eine Berufung zu finden.

Und Gott unterstützt uns dabei. Vielleicht haben wir uns letztes Jahr entfernt gefühlt, wollten ausreißen und haben dann doch wieder zurückgefunden oder sind gefunden worden. Wenn uns dieses vergangene Jahr eines gezeigt hat, dann das jede und jeder etwas kann, viele waren so kreativ wie nie zuvor.

Gott unterstützt uns bei allem, wenn wir ihm die Gelegenheit dazu geben. Jede und jeder ist einzigartig. Und wir alle zusammen können es schaffen, dass 2020 zwar ein schlimmes, aber auch ein lehrreiches Jahr war und dass wir das nun in das neue Jahr 2021 mitnehmen, das wir unsere Stärken, unsere kleinen Ausreißer als Kraft und Stärke für das neue Jahr ansehen. Dass wir nicht mehr darüber nachdenken was alles nicht gut war, sondern uns auf das Gute freuen. Und das wird es ganz bestimmt geben. Und wir versuchen uns auf das Gute, was vor uns liegt, zu konzentrieren, denn Gott hilft es uns zu finden, auch und gerade an unerwarteten Orten.

 

Amen.

Musik nach eigener Auswahl

Fürbittgebet:

Ewiger, barmherziger Gott, du hast uns geschaffen. Im Vertrauen darauf kommen wir zu Dir und bitten Dich: Fülle unser Leben und das Leben auf unserer Welt mit Deiner Lebenskraft und Deiner liebenden Fürsorge. Lass uns auf dieser Welt zu Kraftquellen werden, die vielen Menschen helfen, ihr Leben zu verstehen und zu bestehen, Zweifel und Ängste zu überwinden, sich anderen Menschen zuzuwenden und für Frieden und Erhaltung des Lebens auf unserer Erde einzutreten. Wir bitten Dich für alle, die Staaten zu regieren haben, die Leitungsfunktionen innehaben und Verantwortung tragen im politischen Leben, in Wirtschaft und Gesellschaft. Lass sie erkennen, dass nicht rigorose Machtausübung und militärischer Einsatz, nicht Gewalt und rücksichtslose Wirtschaftsinteressen zu einem lebenswerten Dasein helfen, sondern Verhandlungen und Gespräch, Freiheit und Selbstbestimmung, Gerechtigkeit und Frieden. Wir bitten Dich: Nimm Dich der Vielen an, deren Leben enge Grenzen hat. Wir denken dabei an Menschen, die sich nach Nähe und Liebe sehnen, an Einsame und Alte, an Kranke, Pflegebedürftige und Sterbende. Dein guter Geist helfe uns, nicht achtlos an ihnen vorüber zu gehen, sondern mit unserer Anteilnahme und Hilfsbereitschaft da zu sein, wenn wir gebraucht werden. Stärke unsere Hoffnung, dass uns bei Dir einmal Leben in Fülle und Vollkommenheit erwarten wird.

Und nun beten wir, wie du es uns gezeigt hast:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld. Wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung, sondern

erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.

Amen.

 

Segen

Gott segne uns und behüte uns.

Gott lasse das Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig.

Gott erhebe das Angesicht auf uns und gebe uns Frieden.

Amen

Passen Sie auf sich und Andere auf und bleiben Sie alle gesund und behütet!

 

Ihre Lektorin Sarah Wolf