Evangelische Pfarrgemeinde Christuskirche

Lesegottesdienst für den Sonntag Estomihi ( 14.Februar 2021)

 

Lesegottesdienst aus Wien Favoriten Christkirche

Sonntag Estomihi  14.02. 2021

 

Nehmen Sie sich Zeit, zünden Sie eine Kerze an, suchen Sie sich Lieblingsmusik aus oder singen Sie ihre Lieblingslieder aus dem Gesangbuch!

 

Musik

 

Im Namen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes - sein Friede sei mit uns allen. Amen 

 

Gebet :

Gott - wir schauen und hören auf das, was gewesen ist, die Bilder, die von den vergangenen Tagen zurückgeblieben sind, die Stimmen, die noch in unseren Ohren und Herzen nachklingen, wir schauen und hören:

         - Stille -

Wir schauen und hören, was in uns ist, Bilder der Sehnsucht und Hoffnung, eigenes Rufen, persönliche Angst und Bitten, eigene Freude, eigener Dank - wir schauen und hören:

         - Stille -

Wir schauen und hören dir, Gott, entgegen. Schenke uns deine Bilder und deine Worte.

Amen

 

Die Schriftlesung für den Sonntag Estomihi steht im Markusevangelium 8. Kapitel, die Verse 31-38:

31 Und er fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. 33 Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh hinter mich, du Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist. 34 Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. 35 Denn wer sein Leben behalten will, der wird's verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird's behalten. 36 Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? 37 Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? 38 Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.

Halleluja

 

Lasst uns gemeinsam unseren Glauben bekennen:

Ich glaube an Gott,

den Vater, den Allmächtigen,

den Schöpfer des Himmels und der Erde,

und an Jesus Christus,

seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,

empfangen durch den Heiligen Geist,

geboren von der Jungfrau Maria,

gelitten unter Pontius Pilatus,

gekreuzigt, gestorben und begraben,

hinabgestiegen in das Reich des Todes,

am dritten Tage auferstanden von den Toten,

aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes,

des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen,

zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist,

die heilige christliche Kirche,

Gemeinschaft der Heiligen,

Vergebung der Sünden,

Auferstehung der Toten

und das ewige Leben.

Amen

 

Musik

 

Predigt

Der Predigttext für den heutigen Sontag Estomihi steht beimPropheten Jesaja, im 58. Kapitel, die Verse 1-9a:

1 Rufe laut, halte nicht an dich! Erhebe deine Stimme wie eine Posaune und verkündige meinem Volk seine Abtrünnigkeit und dem Hause Jakob seine Sünden! 2 Sie suchen mich täglich und wollen gerne meine Wege wissen, als wären sie ein Volk, das die Gerechtigkeit schon getan und das Recht seines Gottes nicht verlassen hätte. Sie fordern von mir Recht, sie wollen, dass Gott ihnen nahe sei. 3 »Warum fasten wir und du siehst es nicht an? Warum kasteien wir unseren Leib und du willst's nicht wissen?« Siehe, an dem Tag, da ihr fastet, geht ihr doch euren Geschäften nach und bedrückt alle eure Arbeiter. 4 Siehe, wenn ihr fastet, hadert und zankt ihr und schlagt mit gottloser Faust drein. Ihr sollt nicht so fasten, wie ihr jetzt tut, wenn eure Stimme in der Höhe gehört werden soll. 5 Soll das ein Fasten sein, an dem ich Gefallen habe, ein Tag, an dem man sich kasteit oder seinen Kopf hängen lässt wie Schilf und in Sack und Asche sich bettet? Wollt ihr das ein Fasten nennen und einen Tag, an dem der HERR Wohlgefallen hat? 6 Ist nicht das ein Fasten, an dem ich Gefallen habe: Lass los, die du mit Unrecht gebunden hast, lass ledig, auf die du das Joch gelegt hast! Gib frei, die du bedrückst, reiß jedes Joch weg! 7 Heißt das nicht: Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich.

 

Liebe Gemeinde!

Fasten bedeutet, auf Nahrung zu verzichten. Ganz bewusst! Zur Zeit des Alten Testaments gehörte das Fasten fest zum Leben einer Gemeinde. Regelmäßig gab es Fastentage, um Buße zu tun. Fasten als Zeit sich der eigenen Fehler bewusst zu werden, sich selbst in Frage zu stellen und sein Leben zu korrigieren, um es auf Gott hin zu leben.

Für das Fasten gab es bestimmte Riten, bestimmte Handlungen, die dazugehörten: Es wurde sich im Staub oder in Asche gewälzt oder damit beworfen, Kleidung wurde zerrissen oder man hat sich kasteit (V 5), auf die Brust geschlagen, das Haar geschoren. In der Öffentlichkeit wurde gezeigt, dass man die Handlungen, die zum Fasten gehörten, korrekt durchführte. Das Fasten wurde dadurch zum schönen Schein. Wichtig war, dass das äußere Bild stimmte. War der Staub richtig geworfen? Die Kleidung ausreichend zerrissen?

Für die innere Haltung eines Menschen trägt der schöne Schein nichts aus. Gott will euren Schein nicht, sondern ein Handeln aus inneren Überzeugungen – setzt der Prophet der Gemeinde entgegen.

Kommenden Mittwoch ist Aschermittwoch. Das ist bis heute der Beginn der Vorbereitungszeit auf Ostern, eine Zeit die Passionszeit oder Fastenzeit genannt wird. In früheren Jahrhunderten wurde in diesen Wochen streng auf die Einhaltung des Fastens geachtet. Im Mittelalter gab es Strafen bei der Nicht-Einhaltung. Es ging nicht um einen kompletten Nahrungsverzicht, aber bestimmte Speisen, besonders Fleisch, waren nicht gestattet. Im März 1522 kam es zu einem bis heute legendären Protest gegen dieses Fasten. In Zürich traf sich im Beisein des Schweizer Reformators Zwingli eine Gruppe zum Wurst-essen. Als das bekannt wurde, leitete der Züricher Rat eine Untersuchung ein. Unruhen und Diskussionen folgten. Sie endeten letztlich in dem, was bis heute für uns gilt: Gottes Liebe kann man sich nicht mit Fasten verdienen. Gott möchte von uns keinen »Schein« und auch kein anderes »Opfer«. Er liebt uns bedingungslos.

Jeder Christ kann selbst entscheiden, was er isst. Keiner muss fasten. Wer möchte kann fasten. Und Fasten liegt im Trend: Heilfasten, Wasserfasten, Teefasten, Saftfasten, Intervallfasten. Gesund soll es sein, den Körper entgiften und natürlich die lästigen Pfunde nach dem Winter verschwinden lassen. Mit unserem Glauben hat dieses Fasten zumeist nichts zu tun. Auch wenn es manchmal Gemeinden mit einer Fastengruppe gibt. Und trotzdem gilt uns heute die eben gehörte Fastenkritik des Propheten. Denn dahinter steht die Frage, was in unserem Leben »Schein« und was »Sein« ist.

Wir leben in Gemeinschaft mit anderen. Ein Freundeskreis ist vielen von uns wichtig. Wir brauchen Menschen mit denen wir uns austauschen können, mit denen wir gemeinsam etwas unternehmen, die wir regelmäßig treffen oder sprechen. Menschen die da sind, wenn wir sie brauchen und für die wir da sind, wenn sie uns brauchen. Wir leben von und in der Beziehung zu anderen Menschen. Weil wir alle unterschiedlich sind, sind auch unsere Freundschaften unterschiedlich.

Vielleicht haben Sie schon einmal die Erfahrung gemacht, dass nicht jede Freundschaft belastbar ist. Da kann es sein, dass jemand uns bei jeder Begegnung mit Umarmung und Küsschen begrüßt, wenn es aber darauf ankommt nicht verlässlich ist. Oder eine Person, die weiter weg wohnt und immer wieder freudig unser Übernachtungsangebot annimmt. Wenn wir selbst dort übernachten möchten, gibt es aber jedes Mal einen Grund, warum das nicht geht. Nicht jeder schließt seine Freundschaften uneigennützig. Wer sind die »echten« Freunde? Welche Freundschaft ist »Schein« und welche »Sein«?

Als Gemeinde sind wir gemeinsam auf dem Weg. Wir warten und hoffen zusammen auf das Reich Gottes. Wenn wir zusammenkommen, machen wir das nicht nur, weil es nett ist. Wenn wir zusammenkommen, dann geschieht das, weil wir ein gemeinsames Ziel haben. Wir sollen auf das Reich Gottes hin leben. In Vorfreude und Vorbereitung auf ein Reich, in dem es fair und gerecht ist, in dem wir nachsichtig und verantwortungsvoll miteinander umgehen. Ein Reich in dem es nicht um unseren Willen, unsere Selbstdarstellung oder unseren Vorteil geht. Ein Reich, in dem jede und jeder willkommen ist. Unser Miteinander in der Gemeinde soll einen Vorgeschmack auf das Reich Gottes geben. Da muss jeder mit ganzem Herzen dabei sein. Wenn wir auf Gott hin leben möchten, dann kommt es auf unser »Sein«, unsere innere Einstellung an. Und da gilt es uns immer wieder selbst zu prüfen. Gerade bei uns in der Kirche. Wie leicht schleicht sich hier der Schein ein: Wenn wir uns engagieren, um selbst gut dazustehen. Wenn unsere Eitelkeit die Oberhand gewinnt. Wenn wir anderen nicht gönnen können. Wenn wir andere klein machen, um selbst größer zu erscheinen. Wenn wir andere ausschließen und neue nicht mitmachen lassen, weil wir Angst vor dem eigenen Bedeutungsverlust haben.

Die Kritik des Predigttextes richtet sich an jeden von uns. Wir sollen uns prüfen und einander mit weitem Herzen begegnen. Brich dem Hungrigen dein Brot (V 7). Das gilt es zu beherzigen, um auf das Reich Gottes hin zu leben.

Brich dem Hungrigen dein Brot. Dafür muss ich wissen, woran mein Gegenüber hungert: Vielleicht wird an Einsamkeit oder an zu wenig Aufmerksamkeit gehungert. Vielleicht fehlen ein gutes Wort und Zuwendung. Vielleicht fehlen eine helfende Hand und ein offenes Ohr.

Vielleicht fehlt ein Lächeln, dass deutlich macht, dass man sich über den anderen freut. Vielleicht fehlt Hilfe, wenn im Alter der Garten zu groß wird. Vielleicht fehlen manchmal ein guter Rat und ein bisschen Lebensweisheit. Vielleicht fehlt auch tatsächlich mal das Brot, das Ei oder Mehl. Das herauszufinden geht nur, wenn wir uns aufmerksam und wohlwollend begegnen. Und wenn wir uns selbst zurücknehmen und unseren Blick auf andere richten.

Gott nachzufolgen, auf sein Reich hin zu leben ist nicht immer einfach. Es fordert von uns, dass wir bereit sind uns in Frage zu stellen und auch einmal über unseren Schatten zu springen. Es fordert von uns, dass wir mit ganzem Leib und Seele mitmachen. Genauso wie alle Liebespaare jeden Tag, nicht nur heute am Valentinstag, aufgefordert sind einander liebevoll zu begegnen. Genauso gilt das auch für uns als Gemeinde. Tag für Tag, immer wieder, sollen wir einander aufmerksam und liebevoll begegnen. In der Hoffnung, dass dadurch der Vorgeschmack auf Gottes Reich so schnell und schön wie die Morgenröte (V 8) hervorbricht.

Amen.

 

Musik

 

Fürbittgebet:

Gott,

neige Deine Ohren zu mir, bitte.

Sei mir ein starker Fels und eine Burg.

Sonst geht es nicht.

Nicht im Schnee und nicht in der Kälte.

Nicht in der Quarantäne und nicht in der zu vollen Wohnung.

Neige Deine Ohren und sei mir Fels und lass mich atmen.

Gott,

wir haben schon so viel gefastet.

Hilf Aushalten, bitte.

Hilf beim Vermissen.

Coronapassion – was ist ein Fasten, an dem Du Gefallen hast, Gott?

Wo ist da Dein Spielraum?

Spielraum ohne Kostüme, ohne Fest

Wir tanzen nur in der Küche.

Hilf Spielen durch die Ferne.

Gott,

wir sind in Klausur. Schon so lange.

Die Nerven sind abgewetzt, wartemüde, hoffnungsscheu.

Wie lange noch?

Hilf Mitleiden, bitte.

Für die ohne Wohnung.

Für die auf den Pflegestationen.

Für alles, was ausfällt.

Für das Lokal an der Ecke.

Gott,

Du bist mein Fels und meine Burg.

Meine Stärke.

Bist das Beste an mir.

Danke, dass ich liebe, koche und bete.

Hilf Grenzen hinzunehmen, bitte.

Erlös uns, dann irgendwann.

Und zeig mir: wer ist wichtig?

Ohne wen komme ich nicht durch diese Zeit?

Wer lacht, wenn ich lache?

Auch nachts und am Telefon?

Geh mit, Gott, bitte.                                                                                                                                                                                                                              Komm einfach mit.

Amen                                                                                                                                                                                                                                    

Vater Unser

Vater unser im Himmel

geheiligt werde dein Name.

Dein Reich komme.

Dein Wille geschehe,

wie im Himmel, so auf Erden.

Unser tägliches Brot gib uns heute.

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch

wir vergeben unseren Schuldigern.

Und führe uns nicht in Versuchung,

sondern erlöse uns von dem Bösen.

Denn dein ist das Reich

und die Kraft

und die Herrlichkeit

in Ewigkeit

Amen.

 

Segen

Hände öffnen, Handflächen nach oben,sagen:

Gott, segne uns/mich.

Gott, behüte uns/mich.

Lasse dein Angesicht leuchten über uns/mir.

Sei uns/mir gnädig.

Erhebe dein Angesicht auf uns/mich.

Und gib uns/mir Frieden. Amen.

 

Bleiben Sie alle gesund und behütet!

 

Ihr  Pfarrer Dr. Michael Wolf